Noch ist mehr Schuh, als Loch vorhanden. Warum also Shoppen gehen?

Von modernen Asketen

Wenn man sich mit Frugalismus beschäftigt, kommt man schnell auf die Idee, dass es um nichts anderes als Verzicht geht. Es geht darum sich zu quälen. Ich lebe jetzt frugal, ich gebe alles auf, gebe alles ab, was ich eigentlich liebe. Da gibt es Leute, die entschließen sich zum Beispiel dazu, nur noch 50 Gegenstände besitzen zu dürfen. Kauft man sich Gegenstand Nr. 51, muss etwas anderes dafür weg. Aber wieso macht man das? Ist Frugalismus vielleicht nur etwas für Masochisten?

Sucht man auf Youtube nach passenden Channel`s, findet man verschiedene Begründungen dafür, weshalb Menschen frugal leben wollen.

Einigen geht es um Demut, der Natur und dem Planeten gegenüber. Man nimmt nur noch was man braucht, alles andere wäre zu viel. Konsumverzicht. Weniger Plastikmüll. Wale retten und so. Ein Zitat von Mahatma Gandhi lautet: Earth provides enough to satisfy every man`s needs, but not every man`s greed. Mahatma Gandhi war ein Asket. Sind Asketen und Frugalisten am Ende zwei Begriffe für dieselbe Einstellung und Lebensweise?

Das ist alles was der Autor benötigt. An Waschtagen ist er nackt.

Chef ich kündige

Sucht man weiter, dann trifft man auf Frugalisten, die dem sogenannten Hamsterrad entkommen wollen. Mit 30 oder auch 40 Jahren in Rente. 10 bis 20 Jahre hart arbeiten und viel Kohle nach Hause bringen, dabei dann aber Leben wie am Existenzminimum. Sie gehen ins Kino und schmuggeln sich `ne Bockwurst mit rein, statt dort für teuer Geld Essen zu kaufen. Die ganz harten schmuggeln gar sich selbst ins Kino. Verlangen von Freunden den extra großen Backpacker-Rucksack umzuschnallen und schlüpfen dort hinein… 10 Euro gespart. So kommen dann auch mal Sparquoten von 50 bis 80 Prozent zustande. Das Geld wird angelegt und schwuppdiwupp, mit 35 hab ich`s geschafft. Chef, ich kündige. Freiheit. Nur noch auf der Couch liegen und Mitten im Leben gucken.

Verzichten? Im Gegenteil, machen se mal noch Sahne oben drauf!

Richtig warm werden konnte ich mit dem Thema anfangs nicht. Als ich jedoch auf den Blog von Mr Money Mustache stieß, fing ich an, das Thema etwas ernster zu nehmen. Ja ich fand sogar Gefallen daran. Ich las mich quer durch seinen Blog und fing an mir viele Gedanken zu machen.

Heute glaube ich nicht mehr, dass es bei Frugalismus um Verzicht geht. Im Gegenteil. Frugalismus bedeutet für mich das Ende vom Verzicht. Man setzt sich mit sich selbst an einen Tisch und denkt ganz bewusst über sein Leben nach. Was brauche ich. Was macht mich wirklich glücklich. Was will ich im Leben erreichen. Frugalismus ist Aufräumen und Ausmisten. In meiner Seele. Im Herzen. Im Kopf. In den Finanzen. Auf meinem Laptop. In meinem Umfeld. In meiner Wohnung. In meinem Leben. Ist alles aus dem Weg geräumt, was mich von dem für mich wirklich Wichtigem abhält, ist der Weg frei. Frei für ein bewusstes und fokussiertes Leben.

Nie wieder verzichten, auf den gesunden trainierten Körper den ich immer wollte, den ich aber nie haben konnte, weil doch die Pizza so lecker ist. Nie wieder am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig haben, weil ich so oft Pizza bestellt habe. Nie wieder verzweifelt in der Wohnung nach etwas Verlorenem suchen, weil im Chaos, bestehend aus unbeachteten Besitztümern und Pizzakartons einfach nichts wieder zu finden ist. Der Verzicht auf Pizza löst hier drei Probleme auf einmal und das ist ja nur ein (halbwegs witziges) Beispiel.

Tatsächlich merkt man schnell, dass ein frugales Leben Zahnräder in Gang setzt, bewegt man eines, drehen sich alle anderen mit. Zahnräder wie Naturschutz, Finanzbewusstsein, Do It Yourself Lifestyle, Buddhismus, Gesundheitsvorsorge und Zielsetzung. Wenn man also darauf verzichtet ein neues Auto zu kaufen und stattdessen sein altes Fahrrad aus dem Keller holt, es entstaubt, putzt und vielleicht zum ersten Mal selbst einen platten Reifen repariert, spart man nicht nur viel Geld, man erlernt auch eine neue Fähigkeit, entwickelt Selbstvertrauen, bewegt sich mehr, kommt dadurch seinem Traumkörper wieder ein Stück näher, belastet die Umwelt weniger und und und…

… und wann hörst du auf, zu verzichten?

Um dem Thema näher zu kommen empfehle ich folgende Seiten: